BUNDESSOZIALGERICHT - Pressestelle -
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Der 8. Senat des Bundessozialgerichts berichtet über seine Sitzung
vom 5. Juli 2018.
1) Der Senat hat die Revision des Klägers
zurückgewiesen. Der Beklagte ist unter keinem denkbaren Gesichtspunkt
erstattungspflichtig, denn er war für die Leistungen der erneuten
stationären Unterbringung des hilfebedürftigen G örtlich nicht
zuständig. Ein Fall der fortgesetzten örtlichen Zuständigkeit des
Beklagten nach § 98 Abs 2 Satz 2 SGB XII liegt nicht vor, weil G vor
seiner Rückkehr in die stationäre Einrichtung nicht stationär
untergebracht war. Er hatte selbst eine Wohnung angemietet und die
Einrichtung während dieser Zeit nicht die Gesamtverantwortung für seine
tägliche Lebensführung. Auf den (nahtlosen) Wechsel aus einer Form
Ambulant-betreuten-Wohnens in eine stationäre Einrichtung (sog
"gemischte Kette") ist § 98 Abs 2 Satz 2 SGB XII auch nicht analog und
unter Berücksichtigung des Normzwecks der für nahtlose Ketten
Ambulant-betreuten-Wohnens geltenden Zuständigkeitsregelung des § 98
Abs 5 SGB XII anwendbar. Systematik und Gesetzeshistorie schließen das
Vorliegen einer planwidrigen Nichtregelung der örtlichen Zuständigkeit
in Fällen "gemischter Ketten" aus.
Sozialgericht Koblenz - S 16
SO 32/14
Landessozialgericht Rheinland-Pfalz - L 4 SO 86/15
Bundessozialgericht - B 8 SO 32/16 R
2)
Der Senat hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Für die Klage
auf (negative) Feststellung, dass wegen Vorliegens einer unbilligen
Härte ein Unterhaltsanspruch nicht auf den Träger der Sozialhilfe
übergegangen ist, ist vorliegend der Sozialrechtsweg gegeben. Die Klage
ist aber unzulässig. Die begehrte Feststellung mit dem Ziel der Klärung,
ob ein Auskunftsanspruch überhaupt bestehen kann, wäre nur zulässig,
wenn sie es ermöglicht, den Streit unter den Beteiligten abschließend zu
klären. Das ist aber nicht der Fall. Zwar ist die Frage der unbilligen
Härte eine solche, die sich nach öffentlich-rechtlichen Kriterien
beurteilt. Der Unterhaltsanspruch geht aber nach § 94 Abs 3 Satz 1 Nr 2
SGB XII nur insoweit nicht über, "soweit" der Übergang eine unbillige
Härte bedeuten würde. Aus dem Wortlaut und der Systematik der Norm folgt
damit ein untrennbarer Zusammenhang von Unterhaltsanspruch und der
begehrten Feststellung, der einer "endgültigen Klärung" der Frage nach
dem Vorliegen einer besonderen Härte im sozialgerichtlichen Verfahren
entgegensteht.
Sozialgericht Bayreuth - S 4 SO 82/14
Bayerisches Landessozialgericht - L 18 SO 29/15
Bundessozialgericht -
B 8 SO 21/16 R
3) Die Beteiligten haben
zur Beendigung des Rechtsstreits einen Vergleich geschlossen.
Sozialgericht Aachen - S 19 SO 205/12
Landessozialgericht
Nordrhein-Westfalen - L 9 SO 128/14 -
Bundessozialgericht - B 8 SO
27/16 R
4) Der Senat hat die Revision
des klagenden Landkreises zurückgewiesen. Die Kosten für die Erweiterung
der Werkstatt der Beklagten gehören zu den für die Erfüllung der
Aufgaben und der fachlichen Anforderungen der Werkstatt notwendigen
Kosten; denn nur so ist es der Werkstatt möglich, ihrem neuen Auftrag
gemäß weitere 70 behinderte Menschen zur Beschäftigung aufzunehmen. Der
Kläger behauptet lediglich pauschal, dass es sich wegen der Ausstattung
auf dem technisch neuesten Stand zum Großteil um Kosten für technische
Anlagen handele, die die Arbeitskraft von behinderten Menschen ersetzen
und damit lediglich der Steigerung der Produktivität der Wäscherei und
des Restaurants dienen sollten. Mit diesem pauschalen Einwand ist er
aber schon deshalb ausgeschlossen, weil er auf Grundlage von
detaillierten Planungsunterlagen der Beklagten selbst der Erweiterung
zugestimmt hatte. Das Zustimmungserfordernis schützt ihn in einem
solchen Fall ausreichend davor, im Nachgang überhöhte Investitionskosten
übernehmen zu müssen. Der Kläger hat im Schiedsverfahren zudem nichts
vorgetragen, was die Schiedsstelle zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit
einzelner Ausgaben hätte veranlassen müssen.
Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg - L 23 SO 187/14 KL
Bundessozialgericht - B 8 SO
28/16 R
5) Die Revision des beklagten
Sozialhilfeträgers hatte nur in geringem Umfang Erfolg; er hat der
Klägerin lediglich 11456,51 Euro (statt 11459,83 Euro) zu zahlen. Im
Übrigen hat der Senat die Revision zurückgewiesen. Der Beklagte hat es
zu Unrecht unter Hinweis auf geringere Kosten in einer anderen
Pflegeinrichtung (sog "Mehrkostenvorbehalt") abgelehnt, der Schuld der
verstorbenen Hilfeempfängerin aus dem Heimvertrag mit der Einrichtung
beizutreten. Das der Klägerin geschuldete Entgelt entspricht seiner Höhe
nach den nach dem SGB XI vereinbarten Pflegesätzen. Daran ist auch der
Beklagte gebunden. Er war an den Verhandlungen beteiligt und hat den
getroffenen Vereinbarungen nicht widersprochen bzw sein Einvernehmen
erteilt. Die Höhe der (weiteren) gesondert berechenbaren
Investitionskosten folgt aus den selbst mit der Klägerin ausgehandelten
Verträgen. Die damit vereinbarten Vergütungen sind nach der gesetzlichen
Systematik typisierend als wirtschaftlich anzusehen und können schon
deshalb keine "unverhältnismäßigen Mehrkosten" iS des § 9 Abs 2 Satz 3
SGB XII bedeuten.
Sozialgericht Neuruppin - S 14 SO 75/10
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg - L 15 SO 141/12
Bundessozialgericht - B 8 SO 30/16 R